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HINWEISE ZUM JAHRESWECHSEL 2023/2024

A. GEPLANTE RECHTSÄNDERUNGEN
 
Der Bundestag hat am 17. November 2023 umfangreiche Änderungen im Steuerrecht beschlossen. Wegen Differenzen über das Änderungspaket haben die Bundesländer den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen, sodass sich im Einzelnen noch Veränderungen ergeben können.
 
1. Investitionsprämie für Klimaschutz
Für Investitionen, mit denen die Energieeffizienz eines Betriebs verbessert wird, ist eine Prämie von 15 v.H. der Aufwendungen geplant. Im Förderzeitraum vom 1. März 2024 bis zum 31. Dezember 2029 sollen Aufwendungen von bis zu 200 Mio € förderfähig sein, sodass über den gesamten Zeitraum Prämien von bis zu 30 Mio € beantragt werden können. Begünstigt sind allerdings nur Investitionen in bewegliche Anlagegüter, z.B. Elektrofahrzeuge oder neue Maschinen, die weniger Energie verbrauchen, nicht jedoch Investitionen in Gebäude. Die Anschaffung von Photovoltaikanlagen ist nicht begünstigt, soweit die Einnahmen aus der Anlage einkommensteuerfrei sind, z.B. bei einer Anlage auf einem Fabrikgebäude bis zu einer Leistung von 30 kWp (vgl. Hinweise Oktober 2023 A.1.). Die Investitionen müssen in einem Einsparkonzept eines Energieberaters enthalten sein, der auch die Einhaltung der im Gesetz vorgesehenen Anforderungen an die Energieeinsparung prüft. Die Prämie soll nur für Investitionen gewährt werden, mit denen ab dem 1. März 2024 begonnen wird. Bei Investitionsbeginn vor diesem Termin, z.B. bei Bestellung einer neuen Maschine im Februar 2024, ist die Prämie verloren.
Die Investitionsprämie selbst muss nicht als Betriebseinnahme versteuert werden. Allerdings mindert die Prämie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der geförderten Wirtschaftsgüter, sodass sich aufgrund der geringeren Abschreibungen über die Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter ein steuerpflichtiger Mehrgewinn in Höhe der Prämie ergibt.
 
2. Abschreibung
Für Investitionen in bewegliche Anlagegüter vom 1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2024 soll wieder eine degressive Abschreibung von bis zu 25 v.H. eingeführt werden. Die zusätzlich abziehbare Mittelstands-Sonderabschreibung für kleine Betriebe soll von bisher 20 v.H. auf 50 v.H. angehoben werden für Investitionen ab 1. Januar 2024. Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter, die sofort abgesetzt werden können, soll von bisher 800 € auf 1.000 € steigen. Bewegliche Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten bis 5.000 € statt bislang 1.000 € sollen in einem Sammelposten zusammengefasst werden können, der dann über 3 statt bisher 5 Jahre abgeschrieben wird.
Für neue Wohngebäude mit Baubeginn oder Abschluss des Kaufvertrags ab 1. Oktober 2023 ist eine degressive Abschreibung mit 6 v.H. vorgesehen, die anstelle der Abschreibung von 2 oder 3 v.H. gewählt werden kann. Für die bereits bestehende Sonderabschreibung für neue Mietwohnungen, die schon bisher hohen Gebäudeenergiestandards entsprechen müssen, soll die Baukostengrenze bei Bauantrag ab 1. Januar 2023 von 4.800 € pro qm Wohnfläche auf 5.200 € angehoben werden. Die Sonderabschreibung soll aus höchstens 4.000 € pro qm berechnet werden statt bisher aus 2.500 €.
 
3. Einkommensteuer
Die Buchführungspflicht für Gewerbetreibende soll künftig erst bei einem Umsatz über 800.000 € oder bei einem Gewinn über 80.000 € statt bisher 600.000 € bzw. 60.000 € beginnen. Wer beide Grenzen einhält, kann den steuerlichen Gewinn durch eine Einnahmenüberschussrechnung ermitteln und muss keine Bilanzen aufstellen.
Geschenke an Geschäftsfreunde sollen künftig bis zu einem Wert von 50 € pro Jahr statt bisher 35 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Vorteile aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen sollen bis 150 € Aufwendungen pro Veranstaltung und Arbeitnehmer steuerfrei sein statt bis 110 €.
Die Pauschale für Verpflegungsmehraufwendungen auf Dienstreisen über acht Stunden soll von 14 € auf 16 €, bei ganztägigen Reisen von 28 € auf 32 € steigen.
Für die Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge muss wie bisher 1 v.H. des Bruttolistenpreises bei Erstzulassung versteuert werden. Bei reinen Elektrofahrzeugen wird der Bruttolistenpreis nur zu einem Viertel angesetzt. Dies soll künftig für Fahrzeuge mit einem Preis von bis zu 70.000 € gelten statt bisher 60.000 €. Für energetische Maßnahmen an selbstgenutztem Wohnraum soll sich die Steuerermäßigung von bisher insgesamt 20 v.H. in den ersten drei Jahren auf 30 v.H. erhöhen bis zu einem Höchstbetrag von 40.000 €. Private Veräußerungsgewinne, z.B. aus dem An- und Verkauf von Gold oder Kryptowährung innerhalb von 12 Monaten, bleiben künftig steuerfrei, wenn sie unter 1.000 € statt bisher unter 600 € im Jahr bleiben. Neu ist, dass Mieteinnahmen unter 1.000 € im Jahr, z.B. aus gelegentlicher Zimmervermietung, nicht versteuert werden müssen.
Verluste, die ab 2024 entstehen, sollen mit positiven Einkünften der letzten drei Jahre statt bisher zwei Jahre verrechnet werden können. Dieser Verlustrücktrag soll bis 2025 weiterhin bis zu einer Höhe von 10 Mio €, bei zusammenveranlagten Ehepaaren bis 20 Mio €, möglich sein.
Anstelle des Verlustrücktrags ist weiterhin ein unbefristeter Verlustvortrag möglich: Verluste bis 1 Mio €, bei Zusammenveranlagung bis 2 Mio €, können in voller Höhe mit positiven Einkünften des Folgejahrs verrechnet werden. Soweit die Einkünfte des Folgejahrs diese Beträge übersteigen, lassen sich zusätzlich bis zu 75 v.H. des übersteigenden Betrags statt bisher 60 v.H. mit dem vorgetragenen Verlust verrechnen.
 
4. Grunderwerbsteuer bei Personengesellschaften
Grundstücksverkäufe eines Gesellschafters an seine Personengesellschaft bleiben derzeit mit der Quote grunderwerbsteuerfrei, mit der der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist, sofern der Gesellschaftsanteil nicht innerhalb der nächsten zehn Jahre veräußert wird. Ebenso bleiben Grundstücksverkäufe einer Personengesellschaft an einen ihrer Gesellschafter im Umfang seiner Beteiligungsquote steuerfrei, wenn die Beteiligung seit mindestens zehn Jahren besteht. Der Gesetzgeber will diese Steuerbefreiungen für Grundstücksverkäufe ab 2025 abschaffen. Wer entsprechende Grundstücksübertragungen plant, sollte diese daher bis Ende 2024 durchführen. Maßgeblich ist dabei der rechtzeitige Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrags, auch bei späterer Eintragung im Grundbuch.
 
5. Umsatzsteuer
Freiberufler mit Einnahmenüberschussrechnung, z.B. Ärzte, Architekten oder Rechtsanwälte, sowie Unternehmer, deren Nettoumsatz im Vorjahr 600.000 € nicht überstiegen hat, müssen die Umsatzsteuer auf erbrachte Leistungen erst dann ans Finanzamt abführen, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt hat = lstbesteuerung. Die Umsatzgrenze soll ab 2024 auf 800.000 € angehoben werden.
Bisher kann das Finanzamt Unternehmer, deren Steuerschuld im Vorjahr nicht über 1.000 € betragen hat, von der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreien. In diesem Fall muss der Unternehmer nur noch eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgeben. Ab 2024 soll die Grenze auf 2.000 € verdoppelt werden.
Unternehmer, deren Vorjahresumsätze einschließlich Umsatzsteuer 22.000 € nicht übersteigen und die im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 € umsetzen werden, sind umsatzsteuerlich Kleinunternehmer. Bei Kleinunternehmern wird die Umsatzsteuer auf steuerpflichtige Leistungen nicht erhoben, sie haben keinen Vorsteuerabzug und dürfen auf ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Rückwirkend ab 2023 sollen sie auch keine Umsatzsteuer-Erklärung mehr abgeben müssen.
Ab 2024 werden für Speisen im Restaurant wieder 19 v.H. statt 7 v.H. Umsatzsteuer erhoben. Damit gilt für im Restaurant verzehrte Speisen und Getränke wieder derselbe Steuersatz. Für die Mitnahme von Speisen bleibt es bei 7 v.H. Umsatzsteuer.
Für Land- und Forstwirte mit einem Gesamtumsatz im Vorjahr bis 600.000 € wird die Umsatzsteuer nach Durchschnittssätzen berechnet, wenn sie nicht ausdrücklich hierauf verzichten. Bei der Durchschnittssatzbesteuerung werden die Umsatzsteuer und die abziehbare Vorsteuer als Vorsteuerpauschale grundsätzlich gleich hoch festgesetzt. Neben der Vorsteuerpauschale gibt es keinen Vorsteuerabzug. Ab 2024 sollen der Durchschnittssatz und die Vorsteuerpauschale für landwirtschaftliche Umsätze von bisher 9,0 v.H. auf 8,4 v.H. gesenkt werden.
Unternehmer sollen künftig elektronische Rechnungen ausstellen müssen, wenn sie über Leistungen an andere Unternehmer abrechnen. Elektronische Rechnungen werden in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen, das der europäischen Norm für elektronische Rechnungsausstellung entsprechen muss, z.B. XRechnung oder ZUGFeRD, nicht jedoch PDF. Keine elektronischen Rechnungen sind dagegen per E-Mail versandte Rechnungen. Elektronische Rechnungen an Privatpersonen sollen weiterhin nur mit Zustimmung des Empfängers zulässig sein. Der Zwang zur elektronischen Rechnungsstellung soll ab 1. Januar 2027 gelten. Unternehmer mit einem Vorjahresumsatz bis 800.000 € haben ein Jahr länger Zeit. Unabhängig davon müssen Unternehmer ab 1. Januar 2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen entgegenzunehmen und abzuspeichern.
 
 
B. NEUE URTEILE UND VERWALTUNGSANWEISUNGEN
1. Arbeit im Homeoffice bei der Einkommensteuer
Der Abzug der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer oder einen Arbeitsplatz in der Privatwohnung wurde 2023 neu geregelt. Die Finanzverwaltung hat nun ihre Auffassung zu diesem Thema veröffentlicht. Arbeitnehmer und Unternehmer, die zu Hause über ein Arbeitszimmer verfügen, d.h. einen abgeschlossenen Raum, der für Büroarbeiten eingerichtet ist und fast ausschließlich für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit genutzt wird, können die Kosten in voller Höhe steuerlich geltend machen unter der Voraussetzung, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit bildet.
Beispiel: Arbeitnehmerin Anja arbeitet fast ausschließlich zu Hause im Arbeitszimmer. Anja kann die anteilige Miete, die auf das Arbeitszimmer entfällt, sowie die laufenden Aufwendungen für Heizung, Wasser usw. in voller Höhe als Werbungskosten von ihrem Arbeitslohn abziehen. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen kann sie jedoch auch ohne Nachweis der Kosten eine Pauschale von 1.260 € steuerlich geltend machen. Arbeitsmittel, wie z.B. ein Schreibtisch oder ein Bürostuhl, sowie Kosten für Telefon- und Internetnutzung im Homeoffice können zusätzlich abgezogen werden.
Wenn kein Arbeitszimmer vorhanden ist oder das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit bildet, kommt nur der Abzug einer Pauschale von 6 € pro Tag in Frage. Die Pauschale wird allerdings nur für Tage gewährt, an denen überwiegend, d.h. mehr als die Hälfte der tatsächlichen Arbeitszeit an diesem Tag, zu Hause gearbeitet und der Arbeitsplatz im Betrieb nicht aufgesucht wird.
Beispiel: Ingenieur Ingo arbeitet unter der Woche im Betrieb seines Arbeitgebers. Häufig ist Ingo abends und am Wochenende auch noch zu Hause tätig, um Restarbeiten zu erledigen. An manchen Tagen bleibt er zu Hause und arbeitet im Homeoffice. Die Pauschale kann nicht abgezogen werden für die Werktage, an denen Ingo in den Betrieb fährt. Der Abzug der Pauschale ist jedoch möglich für die Tage am Wochenende, an denen Ingo zu Hause arbeitet, und für die Tage im Homeoffice. Dies gilt auch dann, wenn Ingo an diesen Tagen das Homeoffice verlässt, um z.B. einen Kunden aufzusuchen, solange die Arbeitszeit zu Hause länger ist als die Zeit beim Kunden einschließlich Fahrzeit.
Um den Abzug der Pauschale zu gewährleisten, sollte aufgezeichnet werden, an welchen Tagen wieviel Zeit im Homeoffice bzw. außerhalb verbracht wurde. Wird das Arbeitszimmer benötigt, weil für bestimmte Tätigkeiten dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kann die Pauschale allerdings auch dann abgezogen werden, wenn nicht überwiegend zu Hause gearbeitet wird, z.B. bei einem Lehrer, der für die Unterrichtsvorbereitung keinen Arbeitsplatz in der Schule hat.
 
2. Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
Ein Vorsteuerabzug ist nicht zulässig aus den Kosten von Betriebsveranstaltungen, die lediglich das Betriebsklima verbessern sollen, z.B. Weihnachtsfeiern oder Teambuilding-Events, wenn die Kosten pro Arbeitnehmer 110 € übersteigen. Für die Prüfung, ob die 110 €-Grenze überschritten wird, sind laut Bundesfinanzhof (BFH) die Kosten des äußeren Rahmens der Veranstaltung einzubeziehen, z.B. Saalmiete, Kosten für Beleuchtung, Event-Manager und Sanitäter. Im Entscheidungsfall hatte der Chef seine Mitarbeiter zu einem Kochevent eingeladen. Hierfür mietete er ein Kochstudio, in dem die Mitarbeiter, angeleitet von Köchen, ein Abendessen zubereiteten und gemeinsam verzehrten. Der BFH bewertet das Kochevent als Teambuildingmaßnahme. Da die Gesamtkosten einschließlich der Kosten des äußeren Rahmens die Freigrenze von 110 € je Mitarbeiter überstiegen, versagte der BFH den Vorsteuerabzug.
 
3. Umsatzsteuer bei Vermietung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen
Während Grundstücke umsatzsteuerfrei vermietet werden können, gilt dies bisher nicht für die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wie z.B. Lastenaufzüge, Arbeitsbühnen und Lüftungs- oder Fütterungsanlagen in der Landwirtschaft. Werden im Rahmen einer steuerfreien Grundstücksvermietung Betriebsvorrichtungen mitvermietet, muss nach bisheriger Auffassung die Miete zwingend aufgeteilt werden in einen umsatzsteuerfreien Teil für die Grundstücksvermietung und einen umsatzsteuerpflichtigen Teil für die Vermietung der Betriebsvorrichtungen.
Nach neuer Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen ebenfalls umsatzsteuerfrei, wenn sie nur eine Nebenleistung zur Grundstücksvermietung ist, d.h. keinen eigenen Zweck hat, sondern nur dazu beiträgt, das gemietete Grundstück optimal nutzen zu können. Die Finanzverwaltung hat bisher noch nicht auf das Urteil reagiert. Wird die BFH-Rechtsprechung angewendet, darf der Vermieter bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, die nur Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Grundstücksvermietung ist, keine Umsatzsteuer mehr berechnen. Miet- und Pachtverträge müssten angepasst werden. Zugleich verliert der Vermieter den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie den laufenden Kosten der Betriebsvorrichtungen, wenn er nicht auf die Steuerfreiheit der Vermietung verzichtet. Mieter, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, z.B. durchschnittssatzbesteuerte Landwirte (vgl. A.5.), profitieren jedoch von der neuen Rechtsprechung.
 
 
C. SOZIALVERSICHERUNG
 1. Sozialversicherungspflicht von Notfallärzten
Zahnärzte mit eigener Praxis sind als Selbständige von der Sozialversicherungspflicht befreit. Nicht geklärt war bisher, ob dies auch gilt, wenn ein Zahnarzt die Kassenzulassung zurückgibt und nur noch in einem Notdienstzentrum der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) tätig wird. In einem kürzlich vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall hatte sich die KZV auf den Standpunkt gestellt, dass keine Beiträge zur Sozialversicherung abzuführen seien, weil der im Notdienst tätige Zahnarzt seine Tätigkeit frei von Weisungen ausübe und somit sozialversicherungsrechtlich als Selbständiger anzusehen sei. Nach Ansicht des BSG ist ein Notfall-Zahnarzt bei der medizinischen Behandlung zwar eigenverantwortlich tätig, jedoch sei er hinsichtlich des Orts seiner Tätigkeit fremdbestimmt und in eine vorgegebene Organisationsstruktur eingebunden. Außerdem werde er ohne eigene Abrechnungsbefugnis gegenüber den Patienten vom Träger des Notdienstzentrums bezahlt. Somit überwiegen laut BSG die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Der Zahnarzt hatte daher Anspruch auf Arbeitgeberzuschüsse zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung und war renten- und arbeitslosenversichert, da er mit 63 Jahren die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hatte.
 
2. Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschaftern
GmbH-Gesellschafter sind oft als Angestellte für ihre Gesellschaft tätig, meist in leitender Position. Dabei kommt es immer wieder zum Streit mit den Sozialversicherungsträgern, ob ihre Bezüge sozialversicherungspflichtig sind oder ob die mitarbeitenden Gesellschafter als Unternehmer anzusehen sind und ihre Bezüge daher sozialversicherungsfrei bleiben.
Für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer ist geklärt, dass ihr Arbeitsentgelt sozialversicherungsfrei bleibt, wenn sie über mindestens die Hälfte der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung verfügen. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein zu 50 v.H. beteiligter GmbH-Gesellschafter zwar kein Geschäftsführer war, aber als Betriebsleiter in den Bereichen Einkauf und Logistik zu den leitenden Angestellten gehörte. Darüber hinaus unterlag er keinem Weisungsrecht des Geschäftsführers, konnte über seine hälftige Beteiligung Änderungen an seinem Arbeitsvertrag verhindern und hatte der GmbH umfangreiche Darlehen und Bürgschaften gegeben.
Laut BSG ändert weder die wirtschaftliche Abhängigkeit der GmbH von ihrem Gesellschafter noch seine unanfechtbare Leitungsposition etwas an der Sozialversicherungspflicht. Um sozialversicherungsfrei zu bleiben, müsste der Gesellschafter Geschäftsführer oder zu mehr als 50 v.H. an der GmbH beteiligt sein.
 
3. Sozialversicherungsgrenzen und Mindestlohn 2024
 
  alte Länder   neue Länder   monatlich Beitragssatz v.H.
  jährlich monatlich jährlich monatlich  

Gesetzliche Rentenversicherung

 

90.600 7.550 89.400 7.450 18,6

Arbeitslosenversicherung

 

90.600 7.550 89.400 7.450 2,6

Krankenversicherung

 

62.100 5.175 62.100 5.175 14,6

Pflegeversicherung

 

62.100 5.175 62.100 5.175 3,4

Bezugsgrößen

 

42.420 3.535 41.580 3.465  
 
Die Krankenkassen erheben 2024 einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung von 1,7 v.H. Der Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung für Kinderlose ab 23 Jahren ist zum 1. Juli 2023 von 0,35 v.H. auf 0,60 v.H. gestiegen und wird vom Arbeitnehmer allein getragen. Eltern mit mehr als 1 Kind unter 25 Jahren werden um 0,25 Prozentpunkte für jedes weitere Kind entlastet. Der Arbeitgeberanteil beläuft sich stets auf 1,7 v.H.
Die Insolvenzgeldumlage von unverändert 0,06 v.H. trägt der Arbeitgeber allein. Ebenso trägt der Arbeitgeber die Umlagen U1 und U2 für Krankheit und Mutterschutz; die Beitragssätze werden von der Krankenkasse festgelegt. Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung beträgt im Jahr 2024 unverändert 5,0 v.H. Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2024 auf 12,41 € pro Stunde und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 € pro Stunde. Die Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs erhöht sich dadurch 2024 auf 538 € und 2025 auf 556 €.
 
Mit freundlicher Empfehlung