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Hinweise Oktober/November 2023

A.    ERTRAGSTEUERN
1.    Photovoltaikanlagen

1.1.     Einkommensteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen
Seit 1. Januar 2022 sind bestimmte Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) von der Einkommensteuer befreit. Gewinne, aber auch Verluste aus befreiten Anlagen sind dann steuerlich unbeachtlich. Eine Gewinnermittlung ist deshalb nicht mehr erforderlich, wenn ausschließlich steuerfreie Anlagen betrieben werden. Dies gilt auch für Altanlagen, die vor dem 1. Januar 2022 in Betrieb genommen wurden.
Begünstigt sind Anlagen auf, an oder in Einfamilienhäusern mit Nebengebäuden, z.B. Garagen, oder Gewerbeimmobilien bis zu einer Leistung von 30 kWp. Befinden sich mehrere Nutzungseinheiten wie Wohnungen oder Ladengeschäfte in dem Gebäude, greift die Befreiung für Anlagen bis 15 kWp Leistung pro Nutzungseinheit. So sind zum Beispiel bei einem Mehrfamilienhaus mit 4 Wohnungen Anlagen bis 4 x 15 kWp = 60 kWp Leistung von der Einkommensteuer befreit. Die Finanzverwaltung hat mittlerweile ihre Auffassung zu den näheren Umständen der Befreiung bekanntgegeben. Danach spielt es für die Befreiung keine Rolle, ob der Betreiber der Anlage auch Eigentümer des Gebäudes ist. Betreibt z.B. der Ehemann eine PV-Anlage mit 25 kWp auf dem Dach des seiner Ehefrau gehörenden Einfamilienhauses, fällt diese Anlage unter die Befreiung. Betreibt die Ehefrau eine weitere Anlage mit 15 kWp Leistung auf demselben Haus, ist auch diese Anlage befreit, denn die Obergrenze von 30 kWp gilt pro Gebäude und pro Betreiber. Die Befreiung umfasst auch Anlagen, die in das Dach oder die Fassade eines Gebäudes integriert sind, nicht jedoch Freiflächen-Anlagen, z.B. auf der Wiese eines Landwirts.
Betreibt eine Person oder eine Gesellschaft mehrere Anlagen, darf die Gesamtleistung aller Anlagen 100 kWp nicht übersteigen. Wird diese Obergrenze überschritten, sind sämtliche Anlagen des Betreibers steuerpflichtig. Bei der Berechnung der Gesamtleistung sind allerdings nur begünstigte Anlagen einzubeziehen. Betreibt ein Landwirt eine Freiflächen-Anlage mit 80 kWp Leistung und eine weitere Anlage auf dem Dach seines Hofgebäudes mit einer Leistung von 25 kWp, ist die Anlage auf dem Hofgebäude befreit, denn für die 100 kWp-Grenze wird die steuerpflichtige Freiflächen-Anlage nicht berücksichtigt. Für die Leistungsgrenzen von 30, 15 und 100 kWp ist die Bruttoleistung der Anlage laut Eintragung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur maßgebend.
Die Steuerbefreiung gilt nicht nur für Vergütungen, die der Betreiber für den eingespeisten Strom erhält, sie umfasst auch Stromlieferungen an Dritte, z.B. an Mieter, die ihr Elektrofahrzeug mit dem Strom aus der begünstigten PV-Anlage aufladen, sowie öffentliche Zuschüsse, die für die Anlage gewährt werden. Steuerfrei ist auch die Entnahme von Strom zur Nutzung im Privathaushalt des Betreibers sowie die Veräußerung der PV-Anlage.
Infolge der Befreiung entfällt der Abzug der Kosten der Anlage als Betriebsausgaben. Befindet sich die Anlage auf dem Privathaus des Betreibers, kann jedoch ein Steuerabzug mit 20 v.H. der Aufwendungen ohne Materialkosten bis 1.200 € geltend gemacht werden, z.B. für Reparaturen an der Anlage oder auch für die Kosten der Installation, wenn diese nicht im Rahmen der Errichtung eines Neubaus erfolgt.

1.2.    Umsatzsteuerbefreiung privater Stromverbrauch bei Photovoltaikanlagen
Bei Photovoltaikanlagen, bei denen die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt des Erwerbs als Vorsteuer geltend gemacht wurde, unterliegt sowohl der ins allgemeine Stromnetz eingespeiste sowie der für den Eigenbedarf verbrauchte Strom der Umsatzsteuer mit 19%. Bei privat mitgenutzten Photovoltaikanlagen besteht rückwirkend zum 01.01.2023 die Möglichkeit deren umsatzsteuerbefreite Überführung aus dem umsatzsteuerlichen Unternehmensbereich in den Privatbereich.
In diesem Fall der Privatentnahme bleibt der bisher geltend gemachte Vorsteuerabzug vollständig erhalten. Der private Stromverbrauch unterliegt dann aber nicht mehr der bisherigen Umsatzbesteuerung. Weiterhin umsatzsteuerpflichtig mit 19% bleibt jedoch der ins allgemeinen Strommetz eingespeiste Strom.

2.     Gewinne aus Online-Pokerspielen
Gewinne aus reinen Glücksspielen, z.B. Lotto, unterliegen nicht der Einkommensteuer. Bei Spielen, deren Spielerfolg auch vom Geschick der Spieler abhängt, wie es z.B. bei vielen Kartenspielen der Fall ist, muss jedoch geprüft werden, ob Gewinne einkommen- und gewerbesteuerpflichtig sind.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte kürzlich über den Fall eines bei seinen Eltern wohnhaften Mathematikstudenten zu entscheiden, der jahrelang unter Einsatz ausgeklügelter Systeme durchschnittlich 60 Stunden im Monat mit Online-Poker verbrachte mit jährlichen Überschüssen von rund 400.000 €. Der Student hatte die Einkünfte dem Finanzamt gemeldet und somit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung vorgebeugt, stellte sich aber auf den Standpunkt, dass Poker ein steuerfreies Glücksspiel sei. Im Übrigen sei er nicht gewerblich tätig, da er mehr Zeit mit seinem Studium als mit dem Pokerspiel verbringe und außerdem nicht in deutschen Casinos, sondern auf Online-Portalen mit US-amerikanischen Betreibern tätig sei.
Dies sah der BFH anders: Zum einen sei Poker kein reines Glücksspiel. Zum anderen könne bei derart nachhaltigen Überschüsse mit einem solchen Zeitaufwand nicht mehr von einer steuerlich irrelevanten Hobbytätigkeit ausgegangen werden. Für einen Gewerbebetrieb reiche eine Nebentätigkeit neben einem Hauptberuf oder Studium aus. Auch werde ein Online-Spieler unabhängig vom Sitz des Betreibers der Plattform dort tätig, wo sich sein Computer befindet. Dabei genüge es, wenn er über den entsprechenden Raum verfügen kann, unabhängig davon, ob er ihn selbst gemietet hat oder kostenfrei ein Zimmer in der elterlichen Wohnung nutzt. Der BFH stellt damit die Einkünfte von Online-Pokerspielern den Einkünften von Pokerspielern, die in Casinos oder auf Turnieren antreten, grundsätzlich gleich.
Umsatzsteuer fällt beim Pokerspiel nicht an. Eine Ausnahme gilt lediglich für Turnier-Pokerspieler, falls diese ein festes Antrittsgeld erhalten.

3.    Weiterbeschäftigung eines Gesellschafter-Geschäftsführers nach Pensionsbeginn
GmbH-Gesellschafter, die als Geschäftsführer für ihre GmbH arbeiten, erhalten häufig eine Pensionszusage von der Gesellschaft, um ihre Altersversorgung sicherzustellen. Erreicht der Geschäftsführer das vorgesehene Pensionsalter, beginnt die Gesellschaft mit der Auszahlung der lebenslangen Pension. Steuerliche Probleme ergeben sich jedoch, wenn der Geschäftsführer weiterhin für die Gesellschaft tätig ist und neben seiner Pension ein Gehalt von der GmbH bezieht. Nach bisheriger Auffassung sind die Pensionszahlungen in einem solchen Fall immer als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen mit der Folge, dass die GmbH die Pension nicht als Betriebsausgabe abziehen kann. Um dies zu vermeiden, war es bisher notwendig, den Pensionsbeginn aufzuschieben oder den bisherigen Geschäftsführer als selbständigen Berater für die GmbH tätig werden zu lassen.
In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) diese strenge Auffassung etwas relativiert. Erhält der Geschäftsführer neben seiner Pension nur ein reduziertes Gehalt, liegt laut BFH keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn die Summe aus Pension und Gehalt die letzten Bezüge des Geschäftsführers vor dem Pensionsbeginn nicht übersteigt. Dies gilt jedoch nur, wenn der Umfang der Tätigkeit nicht reduziert wird. Arbeitet der Geschäftsführer nach Pensionsbeginn nur noch in Teilzeit für die GmbH, verringert sich laut BFH auch das höchstmögliche Gehalt.
Ob sich die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH anschließt, ist noch offen.

4.    Gewerbesteuer bei Grundstücksgesellschaften
Gewerbliche Grundstücksgesellschaften, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, müssen auf diesen Teil des Gewerbeertrags keine Gewerbesteuer bezahlen (erweiterte Kürzung). Zwingend notwendige Nebentätigkeiten des Vermieters gefährden die erweiterte Kürzung nicht, z.B. die Lieferung von Wärme an Mieter. Bestimmte Nebentätigkeiten sind unschädlich für die erweiterte Kürzung, unterliegen aber selbst der Gewerbesteuer, z.B. Baubetreuung und Hausverwaltung bei Wohnungsbauten. Bei anderen gewerblichen Tätigkeiten, z.B. bei Einnahmen aus der Lieferung von Strom über 10 v.H. der Mieteinnahmen, geht die erweiterte Grundstückskürzung verloren.
In zwei aktuellen Fällen hat der Bundesfinanzhof (BFH) Tätigkeiten von Grundstücksgesellschaften als schädliche gewerbliche Tätigkeiten beurteilt: Eine Gesellschaft hat einen Stand auf einem Weihnachtsmarkt betrieben und den gesamten Gewinn gespendet. In einem weiteren Fall hat der BFH geurteilt, dass die Reinigung eines nicht von der Grundstücksgesellschaft verwalteten Objekts gegen Entgelt zu schädlichen Einnahmen führt. Die erweiterte Kürzung ging in beiden Fällen verloren.
Empfehlung: Um die erweiterte Kürzung nicht zu gefährden, sollten schädliche Tätigkeiten durch selbständige gewerbliche Gesellschaften erbracht werden.

5.    Deutschland-Ticket für Minijobber
Zum 1. Mai 2023 wurde das Deutschland-Ticket eingeführt, das für 49 € zur bundesweiten Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und des Regionalverkehrs berechtigt. Das Ticket kann nur im Abonnement bezogen werden, das aber monatlich kündbar ist. Auch Arbeitgeber können das Deutschland-Ticket als Jobticket für ihre Beschäftigten bereitstellen. Übernimmt der Arbeitgeber mindestens 1/4 der Ticketkosten, wird ein fünfprozentiger Rabatt auf den Ausgabepreis gewährt.
Schon bisher waren Arbeitgeberzuschüsse zur Nutzung des ÖPNV steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn sie zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn, d.h. nicht auf dem Weg einer Gehaltsumwandlung gewährt wurden. Dies gilt auch für das Deutschland-Ticket und setzt nicht voraus, dass es ganz oder teilweise für die Fahrt zur Arbeit genutzt wird.
Die Minijob-Zentrale hat sich kürzlich zu der Frage geäußert, ob weiterhin ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (Minijob) vorliegt, wenn die Obergrenze von 520 € überschritten wird, weil der Arbeitgeber zusätzlich zum Gehalt die Kosten für das Deutschland-Ticket übernimmt. Laut Minijob-Zentrale führt dies weder zu einem Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze, noch fallen auf den Zuschuss pauschale Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer und Umlagen an. In den Entgeltmeldungen der Arbeitgeber bleibt der Zuschuss unberücksichtigt.
Dass steuerfreie und damit auch sozialversicherungsfreie Zuschüsse im Hinblick auf die Geringfügigkeitsgrenze unschädlich sind, gilt nicht nur für das Deutschland-Ticket. Unschädlich ist z.B. auch die steuerfreie Überlassung von Fahrrädern oder Computern an Arbeitnehmer, das steuerfreie Aufladen von Elektrofahrzeugen oder auch die sozialversicherungsfreie Gewährung pauschal versteuerter Fahrkostenzuschüsse. Wer Minijobber beschäftigt und sich bisher schon an den Kosten des ÖPNV beteiligt hat, muss jedoch darauf achten, dass der Zuschuss auch weiterhin die tatsächlichen Kosten nicht übersteigt. Wenn das bisherige Jobticket teurer war als das Deutschland-Ticket und der Arbeitgeber den Zuschuss nicht mindert, ist der übersteigende Teil Arbeitslohn. Dies kann dazu führen, dass kein Minijob mehr vorliegt.

6.    Entlassungsentschädigung und vorgezogene Altersrente
Wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, erhält nur eine gekürzte Rente ausbezahlt. Die Kürzung beträgt lebenslang 0,3 v.H. pro Monat, um den der Rentenbezug vorgezogen wird, d.h. 3,6 v.H. pro Jahr. Durch Zahlung zusätzlicher Beiträge in die Rentenversicherung kann diese Rentenkürzung vermieden werden. Endet das Beschäftigungsverhältnis eines Arbeitnehmers vorzeitig mit Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber, ist es für den Arbeitnehmer steuerlich vorteilhaft, wenn der Arbeitgeber die zusätzlichen Beiträge zumindest teilweise direkt in die Rentenversicherung einbezahlt.
Beispiel: Die 58-jährige Arbeitnehmerin Maja erhält von ihrem Arbeitgeber eine Abfindung von 72.000 € für ihr vorzeitiges Ausscheiden zum 1. Februar 2023. Maja will 4 Jahre vor Erreichen ihrer Regelaltersgrenze Rente beziehen. Bei Einmalzahlung von 62.000 € in die Rentenversicherung wird die vorgezogene Altersrente abschlagsfrei ausbezahlt.
Zahlt der Arbeitgeber die Abfindung in voller Höhe an Maja aus und leistet sie die Einmalzahlung an die Rentenversicherung selbst, ist die ganze Abfindung steuerpflichtig, wenn auch mit einem verringerten Steuersatz. Zahlt dagegen der Arbeitgeber bis zu 50 v.H. der Einmalzahlung = 31.000 € in die Rentenversicherung ein, bleibt diese Zahlung bei Maja steuerfrei. Die Restzahlung mit 41.000 € ist steuerpflichtig mit verringertem Steuersatz.
Der steuerpflichtige Teil der Einmalzahlung kann als Sonderausgaben abgezogen werden bis zu einem Höchstbetrag von 26.528 € bei Einzelveranlagung oder bis 53.056 € bei Zusammenveranlagung.
Die Abfindung bleibt in jedem Fall sozialversicherungsfrei.

7.    Aufwendungen für eine Liposuktion
Nicht erstattete Krankheitskosten können als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn sie die zumutbare Belastung je nach Einkommensverhältnissen und Familienstand übersteigen.
Bei Kosten für eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, z.B. Frischzellentherapie, ist ein amtsärztliches Gutachten vor Beginn der Behandlung erforderlich, um die medizinische Notwendigkeit der Behandlung nachzuweisen. Bei einer Liposuktion (Fettabsaugung) zur Behandlung der krankhaften Fettverteilungsstörung Lipödem ist laut Bundesfinanzhof ein amtsärztliches Gutachten nicht mehr erforderlich, da diese Behandlungsmethode spätestens seit 2016 wissenschaftlich anerkannt sei. Daher reicht nun für die Berücksichtigung der Kosten als außergewöhnliche Belastung die Verordnung eines behandelnden Arztes aus.

8.     Handwerkerleistungen bei Mietern
Haus- und Wohnungseigentümer können Aufwendungen für Handwerkerleistungen, die in ihrem Haushalt erbracht werden, in Höhe von 20 v.H. bis zu einem Höchstbetrag von 1.200 € jährlich direkt von der Einkommensteuer abziehen, soweit es sich nicht um Materialkosten handelt und die Zahlung auf ein Konto des Leistungserbringers erfolgt.
Der Steuerabzug ist auch bei Mietern möglich, wenn in den Nebenkosten Beträge für Handwerkerleistungen enthalten sind und sich diese aus der Jahresabrechnung oder einer Bescheinigung des Vermieters oder Verwalters ergeben.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun klargestellt, dass es für den Steuerabzug des Mieters unbedeutend ist, ob der Mieter auch Vertragspartner des Handwerkers ist. Es reiche aus, dass die Leistung dem Mieter zugutekommt. Zudem ist es laut BFH für den Steuerabzug des Mieters unerheblich, ob er auch Empfänger der Handwerkerrechnung ist. Als Nachweis genüge z.B. auch eine Nebenkostenabrechnung oder Bescheinigung des Vermieters oder Verwalters, aus der sich der Leistungserbringer, der Leistungsempfänger, Art, Zeit, punkt und Inhalt der Leistung sowie das Entgelt ergibt. Das Finanzamt kann bei Zweifeln an den bescheinigten Angaben vom Mieter verlangen, dass sich dieser vom Vermieter Rechnungskopien und Zahlungsnachweise besorgt.
In einem weiteren Urteil hat der BFH entschieden, dass der Steuerabzug auch bei unentgeltlicher Wohnungsüberlassung möglich ist. Die Führung eines Haushalts genüge für den Steuerabzug. Ein Mietvertrag sei nicht erforderlich.


B.    SONSTIGES
1.     Zugewinnausgleich durch Übertragung von GmbH-Anteilen
Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, haben bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft einen Anspruch auf Zugewinnausgleich. Zugewinn ist der inflationsbereinigte Vermögenszuwachs seit Eheschließung. Hat beispielsweise die Ehefrau einen höheren Vermögenszuwachs als der Ehemann, hat der Mann einen Anspruch auf den halben Unterschiedsbetrag in Geld.
Die Zugewinngemeinschaft endet bei Scheidung oder Tod, kann aber auch durch notarielle Vereinbarung der Gütertrennung während der Ehe beendet werden. Dies kann steuerlich vorteilhaft sein, denn der Zugewinnausgleichsanspruch unterliegt nicht der Schenkungsteuer. Durch die vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft kann Vermögen steuerfrei auf den Ehegatten mit dem niedrigeren Vermögenszuwachs übertragen werden.
Erhält der ausgleichsberechtigte Ehegatte Sachwerte anstelle von Geld, z.B. ein Grundstück, wird dies einkommensteuerlich so behandelt, als hätte er das Geld erhalten und dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten dafür den Sachwert abgekauft. Daher ist in solchen Fällen darauf zu achten, dass kein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entsteht. Über einen solchen Fall hat vor Kurzem das Niedersächsische Finanzgericht entschieden. Nachdem die Eheleute von der Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung übergegangen waren, übertrug der Ehemann der ausgleichsberechtigten Ehefrau anstelle von Geld Anteile an einer GmbH, deren Wert seit Anschaffung erheblich gestiegen war. Als die Eheleute erfuhren, dass das Finanzamt den Veräußerungsgewinn besteuern würde, machten sie die Übertragung der GmbH-Anteile durch notarielle Änderungsvereinbarung rückgängig, denn die Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn war höher als die durch den vorzeitigen Zugewinnausgleich ersparte Schenkungsteuer. Das Finanzamt vertrat den Standpunkt, dass der Veräußerungsgewinn trotzdem zu versteuern sei. Der spätere Rückkauf der Anteile sei ein zweites Veräußerungsgeschäft und ändere nichts daran, dass die ursprüngliche Veräußerung stattgefunden habe.
Dies sah das Finanzgericht jedoch anders. Weil die Eheleute den Vertrag so nicht abgeschlossen hätten, wenn ihnen die einkommensteuerlichen Folgen klar gewesen wären, hätten sie einen Rechtsanspruch auf Vertragsanpassung oder -auflösung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Da die Veräußerung der GmbH-Anteile rückgängig gemacht wurde, müsse das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid ändern und die Einkommensteuer so festsetzen, als hätte der Ehemann die GmbH-Anteile nie auf seine Frau übertragen. Das Finanzamt hat jedoch Revision gegen dieses Urteil eingelegt, sodass abzuwarten bleibt, ob der Bundesfinanzhof die günstige Auffassung des Finanzgerichts bestätigt.

2.     Schenkung von GmbH-Anteilen an minderjährige Kinder
Durch die Schenkung von GmbH-Anteilen an Kinder soll der schenkungsteuerliche Freibetrag von 400.000 €, der alle 10 Jahre neu gewährt wird, ausgenutzt werden.
Für eine steuerliche Anerkennung der Schenkung kommt es darauf an, dass sie ernsthaft gewollt ist und eindeutig und klar im Vorhinein vereinbart wurde. Außerdem muss sie tatsächlich vollzogen werden, d.h. Gewinnanteile müssen dem Kind zufließen und bürgerlichrechtlich wirksam sein. Die Übertragung von GmbH-Anteilen erfolgt durch notariell beurkundete Abtretung. Der Notar muss den Schenkungsvertrag und die Anteilsübertragung beurkunden und dem Handelsregister eine geänderte GmbH-Gesellschafterliste einreichen.
Bei minderjährigen Kindern ist für die Schenkung von GmbH-Anteilen außerdem ein Ergänzungspfleger erforderlich, da die Eltern als Schenker an der Vertretung des Kindes gehindert sind.
Für die Schenkung von Anteilen an GmbHs, die ein Erwerbsgeschäft betreiben, wird seit 2023 stets eine Genehmigung des Familiengerichts verlangt. Als Erwerbsgeschäfte gelten Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetriebe und freiberufliche oder selbständige Tätigkeiten der GmbH, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Anteile an vermögensverwaltenden GmbHs können genehmigungsfrei geschenkt werden. Da jedoch die Abgrenzung von vermögensverwaltender Tätigkeit zu Erwerbsgeschäft umstritten ist, sollte bei allen Schenkungen von GmbH-Anteilen an minderjährige Kinder eine familiengerichtliche Genehmigung eingeholt werden.

Mit freundlicher Empfehlung