A. CORONA-KRISE
1. Steuerliche Hilfen
Zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen in der Corona-Krise sind die Finanzämter vom Bundes-finanzministerium (BMF) angewiesen worden, bei der Gewährung von Steuerstundungen großzügig zu sein. Wer von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich betroffen ist, z.B. Einzelhändler und Gastwirte, die ihre Betriebe schließen müssen, oder Künstler, die Veranstaltungen absagen müssen, kann eine Stundung der bis zum 31. Dezember 2020 fälligen Steuerzahlungen beantragen. Die Stundung umfasst insbesondere Nachzahlungen bei Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Umsatzsteuer. Über Stundungsanträge bezüglich Gewerbesteuer und Grundsteuer entscheiden die Gemeinden.
Die Finanzämter sollen bei der Nachprüfung der Stundungsvoraussetzungen keine strengen Anforderungen stellen. Laut BMF genügen plausible Angaben des Steuerpflichtigen, dass die Corona-Krise schwerwiegende Auswirkungen auf seine wirtschaftliche Situation hat. Ein wertmäßiger Nachweis des Schadens im Einzelfall sei nicht erforderlich. Auf die bei Steuerstundungen übliche Gestellung von Sicherheiten soll verzichtet werden. Außerdem sollen im Regelfall keine Stundungszinsen erhoben werden, wenn die Steuer nach Ende der Stundung bezahlt werden muss. Die Stundung soll vorläufig für drei Monate gewährt werden. Eine Verlängerung des Stundungszeitraums bis Ende des Jahres ist jedoch möglich. Wird die Steuer per Abbuchung bezahlt, muss das dem Finanzamt erteilte SEPA-Lastschriftmandat widerrufen werden, sonst bucht das Finanzamt die fällige Steuer trotz Stundung am Fälligkeitstag ab.
Zusätzlich zur Stundung besteht die Möglichkeit, eine Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 2020 zu beantragen, wenn abzusehen ist, dass der Gewinn des laufenden Jahrs wegen der Corona-Krise deutlich niedriger sein wird als der Gewinn des Vorjahrs. Die Vorauszahlungen können bis auf 0 € herabgesetzt werden. In diesem Fall würden auch die bereits geleisteten Vorauszahlungen für das 1. Quartal 2020 erstattet. Außerdem kann die Erstattung der im Februar geleisteten Sondervorauszahlung zur Umsatzsteuer 2020 beantragt werden.
Die Finanzämter sind darüber hinaus angewiesen, bis Ende des Jahres von Vollstreckungsmaßnahmen, wie z.B. Lohnpfändungen, bei allen rückständigen Steuern abzusehen, wenn der Steuerpflichtige unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen ist. Säumniszuschläge für verspätete Zahlungen ab 19. März 2020 sollen in diesen Fällen erlassen werden.

2. Kurzarbeit
Um Entlassungen bei vorübergehend schlechter Auftragslage zu vermeiden, können Unternehmen für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten Kurzarbeit einführen. Die Arbeitszeit wird vorübergehend um 10 bis 100 v.H. reduziert und die Löhne und Gehälter entsprechend gekürzt. Der Nettolohnverlust der betroffenen Arbeitnehmer wird zu 60 v.H., bei kindergeldberechtigten Arbeitnehmern zu 67 v.H. durch das von der Bundesagentur für Arbeit finanzierte Kurzarbeitergeld ausgeglichen. Der Nettolohn wird dabei pauschal ermittelt mit einem Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung von 20 v.H. und ohne Berücksichtigung individueller Lohnsteuerfreibeträge. Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei, erhöht aber den Steuersatz für das restliche Einkommen des Arbeitnehmers.
Kein Kurzarbeitergeld gibt es für Minijobber, für Arbeitnehmer, deren monatliches Bruttogehalt trotz Kurzarbeit immer noch über der Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung von 6.900 € (West) oder 6.450 € (Ost) liegt, und für Arbeitnehmer, denen bereits gekündigt wurde.
Seit 1. März 2020 bis mindestens Ende des Jahres gelten hinsichtlich der Kurzarbeit einige Erleichterungen. Während Kurzarbeit bisher nur zulässig war, wenn sie mindestens ein Drittel der Mitarbeiter betraf, genügt es jetzt, dass ein Zehntel der Mitarbeiter betroffen ist. Des Weiteren ist Kurzarbeit nun auch für Leiharbeitnehmer möglich. Bevor Kurzarbeit eingeführt wird, müssen weiterhin zunächst Überstunden abgebaut und Resturlaub genommen werden. Es ist jedoch nicht mehr erforderlich, Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto anzusammeln. Neu ist auch, dass die Bundesagentur für Arbeit den Arbeitgebern nicht nur das Kurzarbeitergeld, sondern auch die darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge erstattet.


Betriebe dürfen Kurzarbeit nur anordnen, wenn eine entsprechende tarifvertragliche Regelung oder eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat dies erlaubt. Ohne Betriebsrat oder Tarifvertrag muss die Kurzarbeit mit jedem betroffenen Arbeitnehmer vereinbart werden.


Die Abwicklung erfolgt über ein dreistufiges Verfahren:

  • Die Kurzarbeit muss der örtlichen Arbeitsagentur bis zum Ende des ersten Monats der Kurzarbeit schriftlich angezeigt werden unter glaubhafter Darlegung der wirtschaftlichen Gründe, die zu einem unvermeidbaren Arbeitsausfall führen.
  • Berechnung und Auszahlung des Kurzarbeitergelds erfolgt durch den Arbeitgeber, der innerhalb von 3 Monaten die Erstattung des Kurzarbeitergelds und der Sozialversicherungsbeiträge bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen muss.
  • Nach Ende der Kurzarbeit prüft die Arbeitsagentur die Richtigkeit der Kurzarbeitergeld-Zahlungen und fordert dazu die Abrechnungsunterlagen beim Arbeitgeber an.


Die notwendigen Antragsformulare finden Arbeitgeber auf der Website der Bundesagentur für Arbeit.

3. Weitere Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers
Heimarbeit kann weder vom Arbeitgeber einseitig angeordnet noch vom Arbeitnehmer einseitig beansprucht werden. Wenn keine tarifvertragliche Regelung oder Betriebsvereinbarung greift, müssen individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern getroffen werden. Unternehmen, die für die Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen Unterstützung benötigen, erhalten im Rahmen des Förderprogramms „go-digital" bis 50 v.H. der Beratungskosten auf Antrag erstattet. Antragsberechtigt sind Handwerks- und Gewerbebetriebe mit weniger als 100 Mitarbeitern, wenn ihr Umsatz oder die Bilanzsumme im Vorjahr höchstens 20 Mio. € betragen hat. Voraussetzung ist, dass die Beratung durch ein vom Bundeswirtschaftsministerium autorisiertes Beratungsunternehmen durchgeführt wird.
Soweit keine Erstattung erfolgt, sind alle Kosten des Arbeitgebers für die Einrichtung von Heimarbeitsplätzen als Betriebsausgaben abzugsfähig. Werden Arbeitnehmer für die Heimarbeit mit einem PC oder Laptop ausgestattet, bleibt die Überlassung auch dann lohnsteuerfrei, wenn die Computer teilweise privat genutzt werden. Arbeitnehmer können bei Heimarbeit unter Umständen Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen, jedoch nur, wenn das Arbeitszimmer von der restlichen Wohnung abgetrennt ist und nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Eine Arbeitsecke, z.B. im Wohnzimmer, reicht nicht aus. Kosten für vom Arbeitnehmer angeschaffte Arbeitsmittel, z.B. Schreibtisch oder Bürostuhl, können als Werbungskosten abgezogen werden. Bis zu einem Kaufpreis von 952 € ist ein sofortiger Abzug möglich.

Muss ein Betrieb wegen der Corona-Krise vorübergehend schließen, behalten die Mitarbeiter ihren Anspruch auf Lohnfortzahlung. Dürfen Arbeitnehmer aufgrund einer behördlichen Anordnung nicht arbeiten, z.B. wegen Quarantäne, gilt regelmäßig eine Lohnfortzahlungspflicht für bis zu sechs Wochen wie bei kranken Arbeitnehmern. Hingegen ist es Arbeitnehmern nicht gestattet, der Arbeit mit dem bloßen Hinweis auf eine mögliche Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz eigenmächtig fernzubleiben, ohne dass eine besondere Gefährdung erkennbar ist, die ein Erscheinen unzumutbar machen würde. Umgekehrt sind Arbeitgeber verpflichtet, zum Schutz ihrer Belegschaft die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, z.B. räumliche Trennung von Mitarbeitern und Verzicht auf Zusammenkünfte.
Arbeitnehmer mit Kindern sind nicht ohne Weiteres berechtigt, wegen geschlossener Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen ihrem Arbeitsplatz fernzubleiben. Vorrangig müssen sie versuchen, die Kinderbetreuung durch Dritte sicherzustellen. Nur, wenn dies nicht möglich ist, erlischt die Arbeitspflicht. Die Lohnfortzahlungspflicht ist in solchen Fällen auf höchstens eine Woche beschränkt. Betroffene Arbeitnehmer können jedoch für bis zu sechs Wochen eine staatliche Entschädigung in Höhe von 67 v.H. ihres Nettoeinkommens erhalten, höchstens 2.016 € pro Monat.
Wenn viele Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen, dürfen Arbeitgeber für die restliche Belegschaft auch ohne entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung Überstunden anordnen, falls dem Betrieb andernfalls ein erheblicher Schaden droht.
Arbeitnehmer, die ab 1. März 2020 zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn freiwillige Beihilfen oder Unter- stützungszahlungen vom Arbeitgeber erhalten, müssen diese 2020 bis zu einer Höhe von 1.500 € im Jahr nicht versteuern. Die steuerfreien Zahlungen bleiben auch sozialversicherungsfrei und sind vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufzuzeichnen.
Um beispielsweise in Krankenhäusern, im Einzelhandel und in der Landwirtschaft die notwendige Anzahl an Arbeitskräften sicherzustellen, dürfen im Jahr 2020 Rentner im vorgezogenen Ruhestand 44.590 € statt bisher 6.300 € hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Außerdem werden die Regelungen für sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigungen, z.B. als Erntehelfer, vorübergehend gelockert. Bisher musste das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage befristet sein. Vom 1. März bis 31. Oktober 2020 gilt eine Beschäftigung als kurzfristig, wenn sie auf bis zu fünf Monate oder 115 Arbeitstage befristet ist.

Bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen = Minijobs ist ein Überschreiten der jährlichen Entgeltgrenze von 5.400 € bislang unschädlich, wenn das Entgelt innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums höchstens drei Monate aus unvorhersehbaren Gründen, z.B. Krankheit oder Quarantäne von Kollegen, über 450 € liegt. Im Zeitraum 1. März bis 31. Oktober 2020 darf die 450 €-Grenze in fünf Monaten überschritten werden.

Bei einer finanziellen Notlage aufgrund der Corona-Krise können Arbeitgeber bei den Krankenkassen für die Monate März und April 2020 eine zinslose Stundung der Sozialversicherungsbeiträge ohne Sicherheitsleistung beantragen. Der formlose Antrag muss bei jeder einzelnen im Betrieb vertretenen Krankenkasse gestellt werden. Vorrangig müssen jedoch Fördermittel, KfW-Kredite und Kurzarbeit in Anspruch genommen werden. Nur soweit dies nicht möglich ist oder nicht ausreicht, haben Stundungsanträge Aussicht auf Erfolg.
Stundungen werden längstens bis Ende Mai 2020 gewährt.

Auch gesetzlich versicherte Selbständige können unter den gleichen Voraussetzungen eine Stundung ihrer eigenen Beiträge beantragen. Vorrangig sollen jedoch Anträge auf Beitragsermäßigung gestellt werden. Die Krankenkassen sollen zurzeit keine Säumniszuschläge und Mahngebühren erheben oder, falls bereits geschehen, diese auf Antrag erstatten.

4. Zuschüsse und Darlehen von Bund und Ländern
Der Bund gewährt kleinen Unternehmen mit akutem Liquiditätsengpass einen steuerpflichtigen, nicht rückzahlbaren Zuschuss von höchstens 9.000 € bis 5 Beschäftigte und 15.000 € zwischen 6 und 10 Beschäftigten. Voraussetzung für die Auszahlung des Zuschusses ist, dass das Unternehmen am 31. Dezember 2019 noch nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten war.
Der Liquiditätsengpass muss glaubhaft gemacht werden. Falsche Angaben können strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Wurde mehr beansprucht, als erforderlich war = Überkompensation, muss der Zuschuss ganz oder teilweise zurückbezahlt werden.
Die Bundesländer gewähren eigene Zuschüsse über die Bundeshilfe hinaus, z.B. Baden-Württemberg und Bayern 30.000 € für Betriebe bis 50 Beschäftigte und Bayern darüber hinaus 50.000 € bei über 50 bis 250 Beschäftigten.
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) übernimmt das volle Ausfallrisiko der Hausbank bei KfW-Schnellkrediten an Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern. Die Kredite sind begrenzt auf 500.000 € bei 11 bis 50 Beschäftigten bzw. 800.000 € bei mehr als 50 Beschäftigten, höchstens jedoch auf 3 Monatsumsätze 2019. Die Kreditnehmer müssen mindestens seit 1. Januar 2019 am Markt aktiv sein, 2019 oder im Durchschnitt der letzten 3 Jahre einen Gewinn erzielt haben und dürfen am 31. Dezember 2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sein. Eine darüberhinausgehende Kreditwürdigkeitsprüfung soll nicht stattfinden. Bei 10 Jahren Laufzeit liegt der Zinssatz bei 3 v.H. pro Jahr. Die ersten zwei Jahre sind tilgungsfrei.
Daneben bestehen Kreditprogramme, bei denen die KfW nicht das vollständige Risiko der kreditgebenden Bank übernimmt. Bei großen Unternehmen werden bis zu 80 v.H., bei kleinen und mittleren Unternehmen bis zu 90 v.H. des Ausfallrisikos von der KfW getragen. Die Unternehmen müssen je nach Programm 3 bis 5 Jahre am Markt aktiv gewesen sein, um das Darlehen zu erhalten. Außerdem wird auch bei diesen Programmen verlangt, dass das Unternehmen am 31. Dezember 2019 noch nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten war, d.h. es dürfen an diesem Tag z.B. keine ungeregelten Zahlungsrückstände oder Stundungsvereinbarungen bestanden haben. Bei diesen Kreditprogrammen ist der Zins niedriger als bei den KfW-Schnellkrediten. Da ein Restrisiko bei der kreditgebenden Bank verbleibt, wird die Bank eine aufwendigere Risikoprüfung durchführen. Die Laufzeit beträgt 2 oder 5 Jahre.

5. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Zahlungsunfähigkeit ist Insolvenzgrund bei allen Unternehmensformen. Kapitalgesellschaften und GmbH & Co KG müssen außerdem bei Überschuldung Insolvenz anmelden.
Der Insolvenzantrag muss bei Kapitalgesellschaften und GmbH & Co KG innerhalb von 3 Wochen ab Eintritt des Insolvenzgrunds gestellt werden, sonst liegt eine strafbare Insolvenzverschleppung vor.
Vom 1. März bis 30. September 2020 ist die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, wenn die Insolvenzreife auf den Folgen der Corona-Pandemie beruht und Aussicht auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit besteht. Es wird vermutet, dass diese Voraussetzungen vorliegen, wenn der Unternehmer am 31. Dezember 2019 noch nicht zahlungsunfähig war.
GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände dürfen nach Eintritt der Insolvenzreife nur noch Zahlungen leisten, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, sonst haften sie unbeschränkt persönlich. Ab 1. März 2020 gelten Zahlungen zur Aufrechterhaltung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder zur Umsetzung eines Sanierungskonzepts immer als vereinbar, d.h. die Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder haften nicht für solche Zahlungen.
Soweit die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt ist, ist eine Insolvenzanfechtung weitgehend ausgeschlossen. Gewährt z.B. die Hausbank ab 1. März 2020 einen Kredit, der bis 30. September 2023 zurückbezahlt wird, kann weder ein Gläubiger noch der Insolvenzverwalter die Rückzahlung oder die Besicherung, z.B. durch Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch, anfechten. Auch die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen, die ab 1. März 2020 gewährt wurden, kann nicht angefochten werden.

6. Befristeter Kündigungsschutz für Miet- und Pachtverträge
Vermieter von Wohn- oder Gewerbeimmobilien dürfen bis zum 30. Juni 2022 ihren Mietern nicht kündigen, weil diese infolge der Corona-Pandemie vom 1. April bis 30. Juni 2020 keine Miete zahlen. Der Mieter muss aber gegenüber dem Vermieter glaubhaft machen, dass die Corona-Pandemie ursächlich für die ausbleibende Mietzahlung ist, z.B. durch eine Versicherung an Eides statt, den Nachweis eines Verdienstausfalls, einer beantragten oder erhaltenen staatlichen Leistung oder einer pandemiebedingten behördlichen Betriebsschließung. Kündigungen aus anderen Gründen, z.B. wegen Eigenbedarf oder früherer Zahlungsrückstände, sind weiterhin möglich.
Der Kündigungsschutz entbindet den Mieter jedoch nicht von der Pflicht, die Miete zu zahlen. Hat der Mieter seine Mietrückstände nicht bis zum 30. Juni 2022 beglichen, ist eine Kündigung des Mietverhältnisses danach wieder möglich. Der Mieter kommt bei Nichtzahlung in Verzug und der Vermieter kann bis zur Zahlung der Miete Verzugszinsen verlangen, bei Privatmietern ca. 4 v.H., bei gewerblichen Mietern ca. 8 v.H. pro Jahr.
Die vorstehenden Regelungen gelten auch für Pachtverträge und können nicht durch individuelle Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters oder Pächters verändert werden.
Die Bundesregierung darf die Kündigungsbeschränkung auf bis 30. September 2020 fällige Mietzahlungen erweitern, falls die Folgen der Corona-Pandemie dies erfordern.

7. Weitere Erleichterungen für Verbraucher und Kleinstunternehmer
Moratorium für Verbraucher und Kleinstunternehmer
Verbraucher und Kleinstunternehmer, die wegen der Corona-Krise nicht mehr in der Lage sind, ihre vertraglichen Verpflichtungen aus wesentlichen Dauerschuldverhältnissen zu erfüllen, d.h. zum Beispiel die Gas-, und Stromrechnungen oder Leasingraten zu bezahlen, haben bis 30. Juni 2020 das Recht, die Zahlungen zu verweigern. Rückständige Zahlungen müssen bis 1. Juli 2020 geleistet werden. Das Recht, die Zahlung zu verweigern, gilt jedoch nur für Verträge, die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden und nur, wenn die Zahlung den angemessenen Lebensunterhalt des Verbrauchers oder - bei Kleinstunternehmen - die wirtschaftlichen Grundlagen des Betriebs gefährden würde. Kleinstunternehmen sind Unternehmen mit bis zu 9 Beschäftigen und bis 2 Mio. € Jahresumsatz oder Bilanzsumme.

Sonderregelungen zu Verbraucherdarlehen
Bei Darlehensverträgen mit Verbrauchern, die vor dem 15. März 2020 geschlossen wurden, werden Zins-und Tilgungsleistungen, die zwischen 1. April und 30. Juni 2020 fällig sind, automatisch für 3 Monate zinslos gestundet. Wird z.B. eine Zinszahlung zum 4. Mai 2020 fällig, verschiebt sich die Fälligkeit der Zahlung auf den 4. August 2020. Verständigen sich Bank und Verbraucher nicht auf eine andere Lösung, verlängert sich die Laufzeit des Darlehensvertrags um den Zeitraum der Stundung. Bedingung für die 3-monatige Stundung ist, dass die Zins- oder Tilgungsleistungen wegen Einnahmeausfällen infolge der Corona-Krise den angemessenen Lebensunterhalt des Verbrauchers gefährden würden. Eine Kündigung des Darlehensvertrags im Stundungszeitraum, z.B. wegen Zahlungsverzug oder wesentlicher Verschlechterung der Vermögenslage, ist nicht möglich. Stundung und Kündigungsschutz greifen ausnahmsweise nicht, wenn dies für den Darlehensgeber unter Beachtung der Auswirkungen der Corona-Krise im Einzelfall unzumutbar wäre.
Die Bundesregierung kann das Moratorium und den Stundungszeitraum bis zum 30. September 2020 verlängern und die Sonderregelung für Verbraucherdarlehen auch auf Kleinstunternehmer ausweiten, falls dies infolge der Corona-Pandemie erforderlich wird.


B. ERTRAGSTEUERN

1. Bundesverfassungsgericht zu den Kosten eines Studiums
Studenten, die vor ihrem Studium weder eine Berufsausbildung noch ein vorhergehendes Studium abgeschlossen haben, können die mit diesem Erststudium verbundenen Kosten lediglich als Sonderausgaben bis zu einem Höchstbetrag von jährlich 6.000 € abziehen. Für alle Studenten, die während ihres Studiums keine steuerpflichtigen Einkünfte beziehen, läuft der Sonderausgabenabzug ins Leere.
Wer ein Zweitstudium absolviert, z.B. ein Bachelorstudium nach Abschluss einer Lehre oder ein Masterstudium nach Abschluss als Bachelor, kann demgegenüber alle während des Studiums anfallenden Kosten in unbegrenzter Höhe als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen. Dadurch mindert sich bei Aufnahme einer Berufstätigkeit das zu versteuernde Einkommen um die während der Studienzeit aufgelaufenen Kosten.
Laut Bundesverfassungsgericht verstößt diese Ungleichbehandlung der Kosten eines Erststudiums gegenüber den Kosten eines Zweitstudiums nicht gegen das Grundgesetz.

 

Während ein Zweitstudium vorrangig auf eine spätere Berufstätigkeit und damit auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichtet sei, diene ein Erststudium daneben auch der Persönlichkeitsentwicklung. Wer die Kosten eines erstmaligen Hochschulstudiums unbegrenzt abziehen will, muss daher auch weiterhin zuvor einen Ausbildungsberuf erlernt haben.

2. Schenkung eines Betriebs ohne das Betriebsgrundstück
Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs auf die nächste Generation ist ertragsteuerlich unproblematisch, wenn der ganze Betrieb mit sämtlichen wesentlichen Betriebsgrundlagen geschenkt wird. Der Nachfolger führt die Buchwerte aus der Bilanz des Schenkers fort. Die stillen Reserven des geschenkten Betriebs, z.B. im Betriebsgrundstück oder im Kundenstamm, müssen anlässlich der Betriebsübertragung nicht versteuert werden. Dies gilt auch dann, wenn der Schenker Wirtschaftsgüter, die nicht unbedingt für den Betrieb benötigt werden, zurückbehält, wie z.B. den Pkw des Unternehmers oder Bankguthaben.
Werden jedoch wesentliche Betriebsgrundlagen, wie z.B. das Grundstück, auf dem sich der Betrieb befindet, zurückbehalten, müssen die stillen Reserven des Betriebs aufgedeckt werden, was zu einer erheblichen Steuerbelastung des Schenkers führen kann. Anders als bei einer Betriebsveräußerung, bei der die Steuerschuld mit dem Veräußerungserlös bezahlt werden kann, muss im Fall der Schenkung des Betriebs die Steuer mit dem privaten Vermögen des Schenkers oder durch Darlehensaufnahme finanziert werden. Die Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen führt außerdem zum Verlust der Vergünstigungen, die bei der Schenkungsteuer für die Übertragung von unternehmerischem Vermögen vorgesehen sind. Der Erwerber muss Schenkungsteuer auf den Verkehrswert des geschenkten Betriebs entrichten, ohne einen Verschonungsabschlag geltend machen zu können, der ansonsten bis zu 100 v.H. betragen kann.
Die Finanzverwaltung hat nun allerdings ein Gestaltungsmodell anerkannt, mit dem es möglich ist, den Betrieb ohne das Betriebsgrundstück zu übertragen und dennoch die Vergünstigungen für die Übertragung ganzer Betriebe bei der Einkommensteuer und der Schenkungsteuer zu nutzen. Dazu muss das Grundstück vom Restbetrieb getrennt werden, z.B. durch Überführung in einen anderen Betrieb des Schenkers. Das Grundstück kann beispielsweise zum Buchwert auf eine zu diesem Zweck gegründete GmbH & Co KG des Schenkers übertragen werden, die nach der Schenkung des Restbetriebs das Grundstück an den Unternehmensnachfolger vermietet. Obwohl das Grundstück de facto immer noch dem Schenker gehört, müssen bei der Schenkung des Restbetriebs keine stillen Reserven aufgedeckt werden und der Beschenkte kann den Verschonungsabschlag bei der Schenkungsteuer geltend machen. Die Übertragung des Grundstücks auf die GmbH & Co KG kann unmittelbar vor oder sogar zeitgleich mit der Schenkung des Betriebs erfolgen, während nach der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung mehrere Jahre zwischen der Übertragung des Grundstücks und der Schenkung des Betriebs liegen mussten.

3. Verluste aus Kapitalvermögen
Verluste aus Kapitalvermögen, z.B. aus der Veräußerung von Wertpapieren im Privatvermögen, können bisher schon nur mit positiven Kapitalerträgen verrechnet werden, z.B. mit Zinserträgen oder Dividenden. Ein Ausgleich der Verluste mit anderen Einkünften, z.B. mit Gewinnen aus einem Gewerbebetrieb oder mit Arbeitseinkünften des Anlegers, ist regelmäßig nicht möglich. Beim Verkauf von Aktien im Privatvermögen, z.B. zur Begrenzung der Kursverluste durch die Corona-Krise, können die Veräußerungsverluste sogar nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen im selben Jahr oder in einem Folgejahr verrechnet werden. Eine Verrechnung mit anderen Kapitalerträgen ist überhaupt nicht zulässig.
Zusätzlich zu diesen bereits bestehenden Beschränkungen der Verlustverrechnung wurden mit dem Jahressteuergesetz 2019 weitere Beschränkungen eingeführt. Betroffen sind insbesondere Verluste ab 1. Januar 2020 aus der Uneinbringlichkeit von Kapitalforderungen, z.B. von Darlehen im Privatvermögen, Verluste aus der Ausbuchung oder Veräußerung wertlosen Kapitalvermögens, z.B. beim Verkauf wertloser Wertpapiere an die Ehefrau des Anlegers, und Verluste aus sonstigem Ausfall von Kapitalvermögen, z.B. wenn der Emittent eines Wertpapiers insolvent wird. Solche Verluste dürfen insgesamt nur noch bis zu einer Obergrenze von 10.000 € pro Jahr mit anderen Kapitalerträgen ausgeglichen werden. Verluste, die die 10.000 €-Grenze übersteigen, werden zeitlich unbefristet vorgetragen und können im jeweiligen Vortragsjahr wiederum bis höchstens 10.000 € verrechnet werden.
Die Anwendung der 10.000 €-Grenze setzt voraus, dass das Kapitalvermögen ganz oder teilweise uneinbringlich oder vollständig wertlos wird. Für Verluste aus Kursschwankungen an der Börse, auch wenn sie wie derzeit erhebliche Ausmaße annehmen, gilt die 10.000 €-Grenze nicht.

 

 

C. SONSTIGES
1. Erhöhung der Grenze für die Istbesteuerung bei der Umsatzsteuer
In der Regel müssen Unternehmer bereits dann die Umsatzsteuer an die Finanzkasse abführen, wenn sie ihre Leistung, z.B. die Lieferung eines Kühlschranks oder die Reparatur einer Maschine, erbracht haben = Sollbesteuerung. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kunde die Leistung bereits bezahlt hat. Der Unternehmer muss also in Vorleistung gehen.
Unternehmer mit einem Vorjahresumsatz netto bis 500.000 € konnten bisher schon einen Antrag auf Istbesteuerung stellen. Bei der Istbesteuerung muss die Umsatzsteuer auf die erbrachten Leistungen erst an die Finanzkasse abgeführt werden, nachdem der Kunde seine Rechnung bezahlt hat. Die Umsatzgrenze wurde mit Wirkung ab 2020 auf 600.000 € erhöht, sodass künftig mehr Unternehmer von der Istbesteuerung profitieren können. Beginnt ein Unternehmer seine Tätigkeit 2020, kann er die Istbesteuerung beantragen, wenn sein auf das Kalenderjahr hochgerechneter Umsatz voraussichtlich 600.000 € nicht übersteigt.
Freiberufler, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, können wie bisher unabhängig vom Vorjahresumsatz einen Antrag auf Istbesteuerung stellen.

2. Krankenversicherungsbeiträge auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung
In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind neben Arbeitseinkommen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch Versorgungsbezüge beitragspflichtig. Versorgungsbezüge sind Renten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen, z.B. Beamtenpensionen, aus berufsständischen Versorgungswerken, z.B. der Ärzte, aus der landwirtschaftlichen Alterskasse oder aus betrieblicher Altersversorgung. Damit unterliegen auch Renten aus Direktversicherungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossen hat, Renten aus Pensionskassen, Unterstützungskassen, Pensionsfonds und Betriebsrenten der Beitragspflicht.
2020 sind jedoch Arbeitseinkommen und Versorgungsbezüge bis 159,25 € monatlich beitragsfrei. Wird diese Freigrenze überschritten, gilt ein Freibetrag in derselben Höhe, d.h. 159,25 € pro Monat bleiben trotz Überschreiten der Freigrenze beitragsfrei. Dies gilt jedoch nur für Renten aus der betrieblichen Altersversorgung und nur für die Krankenversicherung, nicht jedoch für die Pflegeversicherung.
Beispiel: Rentner Rudi bezieht im Jahr 2020 eine Betriebsrente von seinem früheren Arbeitgeber mit 800 € im Monat. Da die monatliche Freigrenze von 159,25 € überschritten wird, müssen Pflegeversicherungsbeiträge auf 800 € entrichtet werden. Für die Krankenversicherung gilt der Freibetrag, sodass Beiträge zur Krankenversicherung nur auf (800 €./.159,25 € =) 640,75 € anfallen.

Erhält der Arbeitnehmer Einmalzahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung, sind 10 Jahre lang monatlich Krankenversicherungsbeiträge aus 1/120 der Kapitalzahlung zu entrichten. Freigrenze und Freibetrag gelten auch in diesem Fall.
Beispiel: Der pflichtversicherte Rudi erhält eine Einmalzahlung mit 75.000 € aus einer 1990 abgeschlossenen Direktversicherung. Die Einmalzahlung ist auf 10 Jahre zu verteilen, d.h. auf einen Monat entfallen (75.000 € / 120 Monate =) 625 €. Da der Monatsbetrag über der Freigrenze 159,25 € liegt, ist er voll beitragspflichtig bei der Pflegeversicherung. Beiträge zur Krankenversicherung müssen nach Abzug des Freibetrags monatlich auf (625 €./.159,25 € =) 465,75 € entrichtet werden.

3. Einstandspflicht für pflegebedürftige Angehörige
Wer pflegebedürftig oder behindert ist, hat meist hohe Kosten zu tragen, z.B. für den Aufenthalt in einem Pflegeheim oder die Inanspruchnahme eines Pflegedienstes. Wenn das eigene Einkommen oder Vermögen der Eltern nicht ausreicht, um den nicht von der Pflegeversicherung abgedeckten Teil der Kosten selbst zu tragen, müssen die volljährigen Kinder dafür einstehen. Dasselbe gilt umgekehrt für Eltern mit erwachsenen, pflegebedürftigen Kindern.
Bis Ende 2019 waren nur Personen mit einem Jahreseinkommen bis 21.600 € von der Einstandspflicht befreit. Das darüberhinausgehende Einkommen konnte bis zu 50 v.H. für den Unterhalt der pflegebedürftigen Eltern oder Kinder herangezogen werden.
Zum 1. Januar 2020 wurde die Einkommensgrenze auf 100.000 € angehoben. Dabei wird nur auf das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Person abgestellt, nicht auf das Einkommen ihres Ehepartners. Einzubeziehen sind alle Einkünfte, die auch in der Einkommensteuererklärung anzugeben sind, sowie Zinsen, Dividenden und andere Einkünfte, die der Abgeltungsteuer unterliegen. Anders als bei der Einkommensteuer werden keine Spenden, Versicherungsbeiträge und andere Sonderausgaben abgezogen mit Ausnahme von Kinderbetreuungskosten. Auch der Abzug außergewöhnlicher Belastungen ist nicht möglich. Dennoch ist aufgrund der stark angehobenen Einkommensgrenze für einen Großteil der bisher Betroffenen die Einstandspflicht seit Jahresbeginn entfallen.

Mit freundlicher Empfehlung